Quelle: Gerber Architekten GmbH

RICHTIG WAS LOS HIER! Optimaler Geräuschpegel in Bochum.

Jede Immobilie wird in eine mehr oder weniger bebaute Umwelt hineingeplant. In der Regel gilt dabei: Je belebter der Ort, desto besser. Denn Kund:innenfrequenz, Aufenthaltsqualität und eine gute Anbindung machen Immobilien erfolgreich.

Über den damit einhergehenden Geräuschpegel wird nicht groß gesprochen, schließlich regelt der Schallschutz das schon. Dennoch möchten wir die Disziplin jetzt einmal zum Thema machen. Denn klar ist auch: Jede noch so gut geplante und besetzte Immobilie funktioniert nicht, wenn die Geräusche nicht draußen bleiben.

Als Anschauungsprojekt haben wir uns den Bochum City Tower (kurz: City-Tower-BO) ausgesucht. Dieser wird von unseren Kolleg:innen von LIST Develop Commercial entwickelt, der Bauantrag wird gerade vorbereitet. In Sachen Schallschutz bringt der City Tower einige besondere Anforderungen mit: Das Grundstück liegt in zentraler Lage nahe der Innenstadt an einer großen und vielbefahrenen Kreuzung mit Ampel-System. Ebenso zählen der Hauptbahnhof und ein öffentliches Parkhaus mit 450 Stellplätzen zu den direkten Nachbarn. Die Gleise sind dabei nicht ebenerdig, sondern befinden sich auf einer Brücke etwa in Höhe des dritten Stockwerks des Gebäudes. Außerdem unterscheiden sich die weiteren benachbarten Gebäude sehr stark in Höhe und Breite.

Wir fragen uns also: Was muss das Gebäude leisten, damit das Wort Nachtruhe für zukünftige Hotelgäste seinen Namen hier wirklich verdient? Und wie wird es möglich, dass Büromieter:innen an diesem belebten Ort einmal konzentriert arbeiten können? Um diese Fragen zu klären, haben wir uns mit den Projektbeteiligten vor Ort auf dem bislang unbebauten Grundstück getroffen. Von LIST Develop Commercial sind Projektentwickler Daniel Hille und Projektmanagerin Lena Körbel dabei. Und auch unser zuständiger Sachverständiger Herr Dr. Topp von Löschmann + Partner Beratende Ingenieure hat sich auf den Weg gemacht. 

Viele Autos, viel Lärm.

Wir begrüßen uns gerade, da setzt sich die Autokolonne an der Ampel neben uns in Bewegung. Perfekte Steilvorlage. „Und das kann man zukünftig im Gebäude wirklich nicht hören?“, frage ich in die Runde. „Es geht nicht darum, was man hören kann, sondern darum, was man wahrnimmt. Wir sagen zum Beispiel immer, ein Dezibel ist kein Dezibel. Und bis zu einer Region von 30 Dezibeln kann man auch noch gut und erholsam schlafen. Das wäre dann in etwa die Geräuschkulisse von leichtem Regen“, erklärt Dr. Topp. „Das Land Nordrhein-Westfalen gibt da ganz klare Richtwerte vor, die wir einzuhalten haben“, führt Projektmanagerin Lena Körbel weiter aus. 

Damit die Richtwerte eingehalten werden können, muss auf diesem Grundstück viel passieren, das sagen uns unsere Ohren schon nach wenigen Minuten hier vor Ort. Nehmen wir die Lärmquellen und ihre Bedeutung für das Gebäude also einmal auseinander. „Wir haben für die Änderung des Bebauungsplanes ein Verkehrs- und Schallgutachten machen lassen“, erklärt Projektentwickler Daniel Hille. „Darin sind sämtliche Geräusche in einem Radius von 500 Metern als Linien- und Punktquellen aufgelistet.“ Dr. Topp nickt und knüpft daran an: „Genau, und das ist dann die Grundlage für unsere Planung. Die Autos, die hier vorbeifahren, sind eine der relevanten Linienquellen. Denn die stehenden, anfahrenden und vorbeifahrenden Autos bewegen sich ja die meiste Zeit und produzieren parallel Geräusche. Das Ohr nimmt eine linienförmige Bewegung wahr.“ 

Ein Teil dieses Schalls treffe direkt auf das geplante Gebäude, für den Rest gebe es aus Projektsicht zwei mögliche Varianten: Entweder der Schall treffe auf Flächen zum Beispiel in Form weiterer Gebäude und werde reflektiert. Dann sei er zwar abgeschwächt, aber ebenso relevant. Oder er könne sich frei ausbreiten und verpuffe in Bezug auf den City Tower. All das werde berücksichtigt, betont Dr. Topp. Die Geräusche, die von Spazierenden und Fahrradfahrer:innen oder auch den benachbarten Nutzungen ausgehen, seien meist Punktquellen, aber nicht relevant. Denn sie blieben deutlich unter den Dezibel-Werten der Autos zurück.

Schall kann keine Bögen schlagen.

„Wiederum spannend ist aber die Bedeutung der Bahn. Weil die Schienen auf einer Brücke über den Straßenverkehr herführen, haben wir hier eine Geräuschquelle, die nicht ebenerdig zu verorten ist. Zudem haben wir mit dem Parkhaus, das die Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft Bochum aktuell schon auf dem direkt angrenzenden Nachbargrundstück errichtet, eine Mauer, die den City Tower in einem bestimmten Abschnitt und bis zu einer bestimmten Höhe akustisch von der Bahn abschirmt“, gibt Dr. Topp Einblick in das Vorhaben. Damit entstehe folgendes Szenario: Da sich Schall zwiebelschalenförmig in immer größer werdenden Bögen ausbreite, könne er nicht einfach über die Mauer des Parkhauses hinwegspringen. „Der Schall kann sich nur in einer Diagonalen ausbreiten und trifft erst deutlich höher auf das Gebäude, als man vielleicht vermuten würde“, geht er weiter ins Detail. „Das bedeutet, dass die Räume auf der Bahn-Seite in den Geschossen sieben bis neun dem größten Lärm ausgesetzt sein werden.

In nordöstlicher Ausrichtung schützt das Parkhaus nicht mehr und der Straßenlärm kommt hinzu. Hier sind die Eckräume in den Geschossen fünf bis acht dem Lautstärke-Maximum ausgesetzt. Wir sprechen hier von Dezibel-Werten von über 80, das lässt sich mit einem Gewitter oder einem Rasenmäher vergleichen und ist nicht mehr weit vom Presslufthammer entfernt.“

Wie die Einblicke zeigen, wird das Gebäude sehr unterschiedlichen Lärmpegeln ausgesetzt sein – die verschiedenen Himmelsrichtungen, aber auch die Gebäudehöhe von gut 60 Metern spielen dabei eine wichtige Rolle. „In so einem Fall wird eine Immobilie aus unserer Sicht zu einer Art Puzzle“, erklärt Projektentwickler Daniel Hille, „zumindest was die Fenster angeht. Wir haben das Gebäude horizontal und vertikal in Achsen eingeteilt und behandeln die Fenster in den einzelnen Feldern in Sachen Schallschutz unterschiedlich.“ Lena Körbel, die das Projektmanagement verantwortet, ergänzt: „Bei den Fenstern macht diese Individuallösung absolut Sinn. Man könnte jetzt hingehen und alle Fenster auf den Worst Case vorbereiten, das ist jedoch unwirtschaftlich und auch nicht notwendig. Für die Außenwände aus Beton hingegen gibt es nur ein einziges Schalldämmmaß. Bei so massiven Bauteilen haben die unterschiedlichen Dezibel-Werte keine wirkliche Bedeutung.“

Unterschätzt ja, aber nicht Prio eins.

Kurzzeitig im Raum habe auch die Überlegung gestanden, die Nutzungen zu tauschen. Die Schallschutzanforderungen für Hotels sind deutlich höher als die für Büroflächen. Also hätte man die Hotelflächen in den oberen und die Büroflächen in den mittleren Stockwerken mit der höchsten Lärmbelastung platzieren können. Das wiederum hätte einen geringeren baulichen Aufwand bedeutet. „Da geht die Nutzung aber natürlich immer vor“, stellt Daniel Hille klar. „Wir haben den Gedanken einmal ausgesprochen, die Idee aber sofort wieder verworfen. Die kürzeren Wege sind für die Hotelgäste wichtig und Büros mit Aussicht sind besser zu vermieten. Das ist dann der Punkt, an dem das Thema Schallschutz wieder in den Hintergrund treten muss.“

Quelle: Gerber Architekten GmbH

Über den Bochum City Tower.

Im Herzen Bochums, direkt in der Nähe des Hauptbahnhofs, entwickelt LIST Develop Commercial ein neues Wahrzeichen: den 20.000 qm großen Bochum City Tower mit mehr als 60 Metern Höhe. Der architektonische Entwurf stammt von Gerber Architekten. Mit dem Neubau schöpft das Projektteam den wenigen zur Verfügung stehenden Platz ideal aus und verbindet die Nutzungen aus Arbeitswelt, Beherbergung, Einkaufen und Freizeit unter einem Dach.

Das geplante Hochhaus erstreckt sich insgesamt über 21 Ebenen. Im künftigen Erdgeschoss ist eine Mischung aus Gastronomie und City-Markt vorgesehen. Das erste Obergeschoss wird von einer großen Lobby geprägt sein. Die weiteren Ebenen sind für Hotelnutzung (Premier Inn) sowie Büroräume vorgesehen. Das Highlight des Objekts wird die zukünftige Sky-Bar im obersten Geschoss sein.

Den Zuschlag für das Projekt hat LIST Develop Commercial im Rahmen eines Investorenauswahlverfahrens erhalten. Neben dem Bochum City Tower ist zusätzlich ein Parkhaus mit rund 450 Stellplätzen auf sieben Etagen vorgesehen, dessen Bau die Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft Bochum vorantreibt.