Quelle: Ulff Berger/Eugen Ulmer KG

Nur die Ruhe – fünf Fragen an den bekanntesten Bäcker Deutschlands.

Lutz Geißler erklärt in zahlreichen Brotbackbüchern, seinem Internetblog und in Backkursen, warum ein Teig lange reifen sollte und wie man Brote mit knuspriger Kruste und viel Geschmack herstellt. Dabei hat er keine klassische Bäckerlehre gemacht, sondern Geologie studiert und kam anschließend als Quereinsteiger zum Backhandwerk. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, warum so viele Bäcker ihren Broten keine Zeit geben und warum man selbst für das Backen gar nicht so viel Zeit braucht.

Lutz Geißler, der Brot-Perfektionist, wie der Feinschmecker ihn nennt, betreibt den Blog www.ploetzblog.de. Etwa 100.000 Leser besuchen seine Seite jeden Monat. Inzwischen arbeitet er als Rezeptentwickler, Kursleiter und Berater in Sachen gutes Brot. Seine Brotbackbücher findet man im Netz gebündelt unter folgender Adresse: www.brotbackbuch.de. 

Wir haben ihm ein paar Fragen stellen dürfen und die Chance genutzt, auch auf den Zeitfaktor beim Backen einzugehen. 

Herr Geißler, folgt man Ihren Rezepten, sollte man am besten schon 24 Stunden bevor man ein Brot isst, anfangen, es zu backen. Was ist falsch daran, ein Brot schnell zu backen?
L. G.: „Es gibt dabei viele verschiedene Aspekte. Im Vordergrund steht für mich der Geschmack. Wenn ich dem Brot die Zeit nehme, fehlt ihm der eigene Geschmack. Es schmeckt natürlich immer nach irgendetwas. Aber wenn ich mit wenig Zeit backe, schmeckt es nach Hefe. Hefe ist für mich nur ein Lockerungsmittel und kein Geschmacksmittel.“

Woran erkenne ich beim Bäcker, ob es ein gutes Brot ist?
L. G.: „Das ist tatsächlich schwierig. Ich würde auf jeden Fall darauf drängen, mir die Zutatenlisten geben zu lassen. Und nachfragen. Mein Tipp: Jeder, der Brot kauft, sollte mindestens einmal im Leben versucht haben, Brot oder Brötchen selbst zu backen. Dann weiß man ungefähr, wo die natürlichen Grenzen liegen. Oder man sucht sich Bäcker, bei denen es ausgeschlossen ist, dass sie mit etwas backen, was nicht ins Brot gehört. Zum Beispiel Bäcker, die zum Verein ‚Die Freien Bäcker e. V.‘ gehören. Sie haben sich bestimmte Kriterien auferlegt.“

 

Muss man ein geduldiger Mensch sein, um Brot zu backen? Oder wird man ein geduldiger Mensch, wenn man backt?
L. G.: „Das Zweite gilt eher. Ich bin ein sehr ungeduldiger Mensch. Aber wenn ich Brot backe, werde ich sehr geduldig. Ich weiß, es wird besser, wenn ich ihm Zeit lasse. Das trainiert die Geduld. Die Hobbybäckerei ist nicht nur Nahrungsherstellung, sondern bringt einen auch weg vom Alltag. Es ist sehr befreiend, wenn man den Teig einfach machen lässt und ab und zu schaut.“

Was ist das einfachste Brot-Rezept, wenn man anfängt zu backen? 
L. G.: „Wenn es ein Sauerteigbrot werden soll, würde ich mit Roggen anfangen. Roggenbrot ist das einfachste Brot, das man herstellen kann. Man muss sich nur überwinden, in den Matsch zu greifen, der dabei entsteht. Man braucht keine Knetmaschine, rührt den Teig einfach mit dem Löffel oder der Hand an und formt ihn wie früher im Sandkasten. Wenn es ein Hefebrot sein soll, würde ich eher ein Weizenbrot backen. Mehl, Wasser, Salz, wenig Hefe und viel Zeit.“

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
L. G.: „Erstmal wünsche ich mir, dass wir wieder normal Kurse geben können. Dann stehen einige Buchprojekte an, die ich gern umsetzen würde. Und der dritte Punkt, der mich schon seit vielen Jahren beschäftigt, ist eine eigene Bäckerei. Das ist mit den deutschen Gesetzen allerdings nicht so einfach ohne Meistertitel. Aber ich arbeite daran. Mein Ziel ist es, zu zeigen, dass Backen auch anders geht.“

Selber Backen!  Roggenbrot mit versäuertem Schrot.

Ein kräftiges Roggenbrot mit Schrot im Sauerteig. Das bringt nicht nur einen anderen Brotgeschmack, sondern auch mehr Biss. Das Brot ist mit 50 Prozent versäuert und trotzdem mild. Ein gutes Alltagsbrot ohne viel Aufwand, aber mit langer Frischhaltung.
 

Sauerteig  Hauptteig
– 150 g Roggenschrot (grob)   – Sauerteig
– 120 g Roggenmehl 1370– 300 g Roggenmehl 1370
– 300 g Wasser (50 °C)– 180 g Wasser (70 °C)
– 60 g Anstellgut – 6 g Salz
– 6 g Salz 

 

Hinweis zu den Zutaten: 
Statt Schrot kann auch normales Roggenmehl verwendet 
werden, statt Type 1370 auch 1150, dann mit ca. 170 g 
Wasser im Hauptteig.

Zubereitung
Die Sauerteigzutaten vermischen und 12–16 Stunden bei 
20 °C reifen lassen.

Das Wasser und das Salz in die Schüssel geben, dann das Mehl darüber, gefolgt vom Sauerteig. Alles zügig mit einem stabilen Löffel oder von Hand zu einer mittelfesten, klebrigen Masse vermischen (Teigtemperatur ca. 30 °C).

Den Teig 30 Minuten bei Raumtemperatur (ca. 20 °C) ruhen lassen.

Den Teig rundwirken und mit Schluss (Nahtstelle, die beim Formen des Teiges entsteht) nach unten im Gärkorb (alternativ im bemehlten Leinentuch in einer Schüssel) 90 Minuten reifen lassen.

Ist der Teigling von 4–5 mm breiten Rissen durchzogen und um ca. die Hälfte aufgegangen, mit Schluss nach unten bei 250 °C fallend auf ca. 220 °C 60 Minuten lang ohne Dampf (wahlweise auch mit Dampf) backen.
 

Zubereitungszeit am Backtag: 
ca. 3,5 Stunden
Zubereitungszeit gesamt: 
ca. 16–20 Stunden

Ein Rezept von Lutz Geißler. www.brotbacken.de