Quelle: @bizvector – stock.adobe.com

Die Puppen tanzen – Mitwippen allein reicht nicht.

Die Bau- und Immobilienbranche hat in 2017 das beste Jahr des letzten Jahrzehnts hingelegt. In diesen Zeiten ist die Versuchung groß, sich einfach von der Welle tragen zu lassen. Die Herausforderung ist, dieser Versuchung zu widerstehen.

Es ist Weihnachten. 24. Dezember 2017. Man könnte sagen: Der Baum brennt. Jetzt heißt es erst einmal: runterkommen. Für Besinnlichkeit war bei Michael Garstka bislang keine Zeit. Der Geschäftsführer von LIST Develop Commercial hat in den letzten fünf Tagen fünf Vertragsverhandlungen geführt.

Mit allem Drum und Dran. Mit Diskussionen, Zugeständnissen, Nachtschichten und jeder Menge Schweiß. Aber auch mit Erfolgserlebnissen, Übereinstimmungen, gemeinsamer Vorfreude und finalen Unterschriften. Das Auftragsbuch der Projektentwicklungsgesellschaft ist damit um fünf Einträge reicher: Zwei Grundstücke  wollen weiterentwickelt werden. Ein vollvermietetes Büro- und Geschäftshaus und eine übernommene Projektentwicklung können realisiert werden. Und last but not least muss einer in die Jahre gekommenen Handelsimmobilie dringend neues Leben eingehaucht werden. Und um noch einmal auf die letzte Woche zurückzukommen: By the way haben am 22. und 23. Dezember noch die von LIST Develop Commercial entwickelten B&B Hotels in Berlin und Weimar eröffnet. 

Ein Einzelfall? Keineswegs. Er steht sinnbildlich für die gesamte Branche. Seit rund neun Jahren geht es aufwärts. So stieg in 2017 laut einer Studie des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Ernst & Young beispielsweise das Transaktionsvolumen im Immobilienmarkt um 9,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das Hoch scheint also anzuhalten. Aber ist ja nicht schlimm – ganz im Gegenteil. Die Puppen können gerne in 2018 genauso weitertanzen. Auch wenn wir um die Herausforderungen wissen, die diese Zeiten mit sich bringen. Mehr denn je müssen wir uns nun besinnen. Uns Selbstverpflichtungen auferlegen, um nicht aus dem Karussell zu fliegen. Das gilt im Großen wie im Kleinen. Für den Einzelnen wie für gesamte Unternehmen. Für Sie und, wie Ihnen die Beispiele gleich zeigen werden, selbstverständlich auch für uns.

 

1. Tempo halten

Ortswechsel. 14. Dezember 2017. Klaus Bartz ist nach drei Stunden Fahrt gerade noch pünktlich auf der Baustelle in Ruhla angekommen. Es hat unterwegs ganz schön geschneit. Der Geschäftsführer von LIST BiB Bielefeld bleibt einen Moment stehen. Ist stolz. Heute feiert seine im März 2017 gegründete Gesellschaft erstmals ein Richtfest. Ein besonderer Moment – für ihn ganz persönlich. Schon in der Kalkulationsphase haben er und sein Team aufs Gaspedal gedrückt. Und das hat sich bis heute nicht geändert. Schon am nächsten Tag wird er die mündliche Zusage für die Revitalisierung des EmsParks in Leer erhalten.

In Ruhla entsteht durch die Revitalisierung des REWE Marktes eine Versorgungslücke und ja, wie sagt man so schön: Der Kunde ist König. Aber – der Geschäftsführer schmunzelt – das ist natürlich nicht der einzige Grund für das Tempo. Mit einem zehn Mann starken Team sind die Ressourcen begrenzt. Je schneller die Revitalisierungsarbeiten abgeschlossen sind, desto früher kann sich das Team einem neuen Projekt widmen. So einfach ist das. Und genauso einfach sieht die Milchmädchenrechnung in Ruhla aus: Je früher die Gebäudehülle geschlossen wird, desto weniger kann der Winter dem engen Zeitplan anhaben. Also hopphopp. Bevor in einer Stunde der Richtkranz gehängt und den Nachunternehmern für ihr Engagement gedankt wird, gibt es noch Einiges zu besprechen. Und warten lassen will Klaus Bartz seinen Auftraggeber sowie den Mieter selbstverständlich nicht. Es klingt zwar hart, aber Zeit ist eben tatsächlich Geld. 

2. Rückgrat zeigen

Gerade im Vertrieb ist es von großem Vorteil, wenn man die Qual der Wahl hat. Thorsten Köhler, Vertriebsingenieur bei LIST Bau Nordhorn, erlebt momentan genau das. In 2017 haben er und seine Kollegen im Schnitt drei Anfragen pro Woche für neue Bauvorhaben erhalten. Wer da eins und eins zusammenzählt, weiß schnell, dass drei neue Aufträge pro Woche nicht realisierbar sind. Also gilt es, gut abzuwägen, was man anbietet und was nicht. 

Der Vertriebsingenieur kommt nach den Feiertagen in sein Büro. Er ackert die Mails durch, die eingegangen sind. Jetzt kanns losgehen. Die Ausschreibungsunterlagen für ein Logistikzentrum liegen schon ausgebreitet auf seinem Schreibtisch. Da klingelt das Telefon. Der Mann am anderen Ende klingt fast ein wenig verzweifelt. Er hat ein Fachmarktzentrum geplant, die Baugenehmigung liegt vor und der Mieter würde lieber heute als morgen einziehen. Aber er findet einfach kein qualifiziertes Generalunternehmen, das die Arbeiten ausführt. Und er habe die Werbung von LIST Bau Nordhorn an einer Baustelle gesehen. Das Vertrieblerherz von Thorsten Köhler blutet ein wenig. Das Projekt klingt spannend. Und es würde sich super in den Referenzen machen. Aber es ist wie es ist: Er muss den Mann am anderen Ende vertrösten. Ein Projekt liegt bereits auf seinem Tisch, ein zweites wartet in der Pipeline. „Rosinen rauspicken“ ist nicht. Die beiden anderen Projekte haben zwar ein kleineres Auftragsvolumen, sind aber von Stammkunden ausgeschrieben. Und genau die haben im Nordhorner Generalunternehmen nun einmal Vorrang. 

3. Entwicklung vorantreiben

8. Februar 2018. Dirk Rehaag und Henning Krüp verabschieden die Vertreter von RIB, die ihnen gerade die verschiedenen Module und die 5D-Anwendung von RIB iTWO vorgestellt haben. Sie tauschen sich kurz über das Gehörte aus. Sind zufrieden. Als Vorstand Bau und Engineering hat Dirk Rehaag in den letzten Wochen Gespräche in den Baugesellschaften und bei LIST Ingenieure geführt. Es ging darum, für jede Gesellschaft festzulegen, wie der Einstieg in die BIM-Methode stattfinden soll. Schließlich werden nach Schätzungen der Unternehmensberatung Roland Berger  im Jahr 2022 bereits 11,5 Mrd. Dollar mit BIM-Anwendungen umgesetzt. Auf dem Weg dahin folgt der nächste Schritt. In den kommenden Tagen wird er eine Entscheidung darüber treffen, welche RIB iTWO-Module beziehungsweise wie viele Lizenzen für wen noch zusätzlich eingekauft werden. Außerdem müssen die erforderlichen Schulungen organisiert werden. 

Damit ist neben den erworbenen CAD-Testlizenzen der nächste wichtige Software-Baustein am Start. Jetzt können die Testprojekte starten. Ausgangspunkt ist immer ein 3D-Modell. Selbst oder von einem Planer modelliert. Dann gilt es, die Daten aus dem 3D-Modell in der Ausschreibung und Kalkulation weiter zu verwenden. Erste Anwendungen werden die Mengenermittlung, ein Raumbuch und Türlisten sein. Auch die Kollisionsprüfung soll getestet werden. Wichtig ist bei den Testprojekten der Vergleich mit den Ergebnissen der herkömmlichen Bearbeitung. Somit entsteht zwar ein doppelter Aufwand, aber: Ein Schritt nach dem anderen. Es bringt nichts, vorschnell voranzueilen. Manchmal muss man sich eben auch Zeit nehmen, um voranzukommen.

4. Offen bleiben für Veränderungen

Ein letzter Zeitsprung. 23. November 2017. Thomas Illian sitzt im Besprechungsraum und packt seine Sachen zusammen. Er hat gerade seine neuen Kollegen kennengelernt. Schon irgendwie eine seltsame Situation. Entgegen der ursprünglichen Planungen wurde für alle LIST Bau-Gesellschaften ein neuer Fachbauleiter mit TGA-Schwerpunkt eingestellt. Das verändert seinen Arbeitsplatz. Er ist in den letzten zwei Jahren zwischen seinem Büro, den Baustellen und auch verschiedenen Standorten hin und her gereist. Konnte trotzdem aber nicht allen gerecht werden. Er hätte sich zwei- oder sogar dreiteilen müssen.

Es fällt ihm noch ein wenig schwer, sich von der ursprünglichen Idee von LIST Ingenieure, die alleinige TGA-Anlaufstelle in der Unternehmensgruppe zu sein, zu verabschieden. Er hat einen Prozess durchlaufen. Aber mittlerweile gesteht er sich ein, dass die Zeit für eine Kurskorrektur gekommen ist. Manches lässt sich einfach besser persönlich als am Telefon klären. Und die Kollegen aus Nordhorn, Rhein-Main, Oldenburg und München haben schon Recht, wenn sie sich über die Situation beschweren. Jetzt muss er sich erst einmal an die neue Konstellation gewöhnen. Aufgaben abgeben. Vertrauen aufbauen. Den eigenen Arbeitsbereich neu organisieren. Puh… Veränderungen sind schon irgendwie anstrengend. Aber die Besprechungsrunde gerade war sehr vielversprechend. Und besser vorwärts als rückwärts. 

Also: Augen zu und durch

Wir kennen sie doch alle: Die netten Damen und Herren, die auf der Party am äußeren Rand der Tanzfläche stehen und leicht grinsend im Takt mitwippen. Die, die nicht großartig auffallen – weder negativ noch positiv. Der eine oder andere von uns fühlt sich jetzt vermutlich ein wenig „erwischt“. Im Berufsalltag sieht die Welt aber doch ganz anders aus. Wir engagieren uns, verfolgen klare Ziele und sind erfolgreich. Anders gesagt: Wir legen Tag für Tag eine heiße Sohle aufs Parkett.

Wir tanzen zwar auch mal aus der Reihe oder auf zwei Hochzeiten. Aber wir tanzen. Und genau darauf kommt es am Ende des Tages an. Mitwippen zählt nicht.