Quelle: a|w|sobott, André Sobott

Coworking-Space-Gründer: ein Interview mit @Work.

Deutschlands hoher Norden – auf einem Teilgrundstück des historischen Geländes der ehemaligen Neptun-Werft mitten in Rostock hat LIST Develop Commercial ein Gebäudeensemble aus zwei Hotels und einem Bürokomplex entwickelt. Einer der Mieter: @Work. Wir sind mit den beiden Gründern Tino Schößner und Lars Buchfink verabredet, um über das Konzept und die Branche zu sprechen.

Lars, der für die Bereiche Marketing und Customer Service verantwortlich ist, ist vor Ort und führt uns zunächst einmal durch die neuen Räumlichkeiten. Sehr stylisch alles, das lässt sich schon einmal verraten. Tino schaltet sich digital zu unserem Gespräch dazu. Er lebt in Berlin und hat am Nachmittag spontan einen Termin reinbekommen. Das Gründer-Duo verkauft nicht nur moderne Arbeitsumgebungen, sondern interpretiert das Thema Arbeiten auch für sich selbst auf eine moderne Art und Weise. Tino kann seinen Aufgaben in großen Teilen auch von zu Hause aus nachkommen. Also nutzt er die Chance und schafft sich die größtmögliche Balance zwischen Arbeit und Privatleben. Denn Berlin ist und bleibt seine Wahlheimat, Rostock jedoch ist der bessere Standort für das gemeinsame Konzept – dazu aber später mehr.

Lars Buckfink (links) und Tino Schößner (rechts) haben gemeinsam den Workspace-Anbieter @Work gegründet.

Es waren einmal zwei Freunde, fängt eure Geschichte so an?

Lars: „Wer zusammenarbeiten will, muss sich zunächst einmal kennen. Wenn wir es darauf beschränken, dann ja. Allerdings ist das nicht die Basis unserer gemeinsamen Gründung, sondern eher eine Grundvoraussetzung. Zusammengebracht haben uns vielmehr unsere Begeisterung für das Produkt Coworking und die gleiche Vorstellung für die Ausgestaltung dessen.“

Tino: „Ich war in Berlin selbst jahrelang Nutzer von Coworking-Spaces und habe mit der Zeit die Idee für ein eigenes Konzept entwickelt. Aus der eigenen Erfahrung heraus konnte ich ja sagen, was funktioniert und was nicht. Welche Raumgrößen angebracht sind und welche ungeeignet. Und welch einen Charakter ein solches Angebot haben sollte. Damit bin ich dann zu Lars. Mit seiner Erfahrung in den Bereichen Vertrieb, Verkauf und Marketing ist er das perfekte Gegenstück zu mir. Außerdem funktionierte meine Idee nur mit
einem Partner, der dauerhaft vor Ort sein kann. Er war begeistert, vor allem weil wir in Rostock dem Markt noch die entscheidenden zwei bis drei Jahre voraus waren.“

Und warum sollte es speziell Rostock sein?

Tino: „Unser Produkt ist kein klassischer Venture Case, der sich beliebig skalieren lässt. Das muss man sich natürlich erst einmal überlegen, bevor man gründet. Deshalb sind wir selbst ins Risiko gegangen und haben die Gründung eigenständig finanziert. Außerdem glauben wir, dass es einem Unternehmen guttut, wenn Geld ausgeben auch schmerzhaft ist. Mit großen Investoren im Rücken ist man zwar viel flüssiger, das beinhaltet aber auch das Risiko, dass man Entscheidungen vorschnell und damit öfter auch mal falsch trifft.“

Lars: „Diese Mischung aus viel persönlicher Note und den nur langsamen Wachstumsmöglichkeiten passt nicht in jede Stadt. In den ganz großen deutschen Metropolen wären wir nur ein Anbieter von vielen und einem Wettbewerb vor allem mit den großen Ketten ausgesetzt. Rostock als Mittelstadt ist hingegen noch nicht so weit. Es existiert zwar vereinzelt Konkurrenz, da gibt es dann aber nicht viel mehr als einen kahlen Raum mit Raufaser und Schreibtisch. Also sind wir hier die ersten Anbieter, die den Wohlfühlfaktor ganz großschreiben. Wenn die über Investoren finanzierten großen Ketten in den nächsten Jahren die Kapazitäten in den Metropolen ausgeschöpft haben und dann auf Rostock und Co ausweichen, haben wir uns hier bereits etabliert. So war unsere Idee. Außerdem kennen wir Rostock beide sehr gut. Tino hat hier eine Zeit lang gelebt und ich bin hier nach wie vor zu Hause. Wir wissen, wie die Menschen hier ticken, haben bereits ein gutes Netzwerk und können einschätzen, welche Lagen wirklich attraktiv sind.“

Welches Wachstumstempo ist bei euch denn dann realistisch?

Tino: „Maximal eine Neueröffnung pro Jahr, würde ich jetzt mal spontan sagen. Erst einmal ist bei uns das Ende der Fahnenstange erreicht, wenn eine Fläche ausgebucht ist. 2019 ging unser erster Workspace in Rostock an den Start. Jetzt zwei Jahre später folgt der zweite. Dabei dient der erste, der sich eben auch erst einmal beweisen und gut performen musste, als Sicherheit. Weil wir hier am Werftdreieck auch schon wieder ausgebucht sind, folgt nächstes Jahr eine dritte Fläche. Und das Gute ist dabei natürlich, dass wir auch schon ein paar Skalierungseffekte haben. Bei unserem ersten Standort haben wir bei null angefangen. Allein die Auswahl der in unseren Augen besten Kaffeemaschine hat viele Stunden Zeit in Anspruch genommen. Jetzt haben wir das Paket bereits geschnürt und müssen lediglich ein paar Lerneffekte berücksichtigen.“

Klickt man sich durch eure Website, stößt man sehr schnell auf folgende Aussage: „Profitiere von monatlich kündbaren Verträgen und bleib flexibel.“ Lasst uns über euer Konzept sprechen. Was bietet ihr euren Mietern und ist „monatlich kündbar“ aus eurer Perspektive nicht sehr gewagt?

Tino: „Wir haben zwei große Säulen, auf die wir setzen. Zum einen ist das ein Top-Service. Dazu gehören neben einer perfekten Technik-Ausstattung sowie Lounge-Bereichen und Konferenz-Räumen zum Beispiel auch Küche und Coffee-Bar, ein Post- und Paketservice, ein Fahrrad-Verleih oder eine Rezeption. Unsere Nutzer müssen sich um solche Themen keine Gedanken machen und können sich auf die für sie wichtigen Dinge konzentrieren. Und falls mal etwas nicht läuft, ist Lars immer sofort greifbar und kümmert sich. Außerdem halten wir den Wohlfühlfaktor wie vorhin ja schon gesagt für sehr entscheidend. Unsere Mitglieder sollen ein Gefühl von zu Hause bekommen. Die Teams sollen hier kreativ denken, effizient arbeiten und dabei auch noch Spaß haben. Deshalb haben wir Arbeitsbereiche geschaffen, an denen speziell Teamarbeit und Networking gefördert werden. Und dabei geht es gar nicht darum, ob mehr gekickert oder mehr Billard gespielt wird, sondern darum, dass die Möglichkeit da ist.“

Lars: „Gebucht werden können ein eigener Schreibtisch oder private Büros in verschiedenen Größen. Ebenso möglich ist eine Mitgliedschaft für den Zugang zu den Konferenzräumen, die ist aber zum Beispiel eher ein Angebot, das für die benachbarten Hotels interessant ist. Am teuersten, aber auch am beliebtesten sind die Büros. Und klar, gerade da ist ‚monatlich kündbar‘ ein Risiko. Wenn man Kundenservice wirklich ernst nimmt, dann führt in unseren Augen aber kein Weg daran vorbei. Schließlich ist diese Flexibilität doch genau das, was man mit dem Aufbau eines eigenen Büro-Standortes nicht hat.“

Tino: „Und bislang haben wir, was das angeht, auch nur sehr positive Erfahrungen gemacht. Unsere Mitglieder fühlen sich bei uns wohl und nutzen die Kündigungsmöglichkeit kaum. Unsere Flächen werden vor allem von Start-ups, in Rostock neu gegründeten Standorten bestehender Firmen und als Ersatz für Remote-Arbeitsplätze zu Hause genutzt. Diejenigen, die sonst allein zu Hause arbeiten würden, vereinsamen dort und brauchen einfach die Dynamik, die bei uns herrscht. Ziehen komplette Firmen oder Standorte bei uns ein beziehungsweise sind wir die Alternative für das Betreiben eines eigenen Büros, rechnet sich das tatsächlich. Kosten für Backoffice, Versorgung und Co entfallen ebenso wie Abschreibungen. Wir haben ein Angebot, das unsere Zielgruppe wirklich überzeugt. Deshalb ist das Risiko ‚monatlich kündbar‘ gar kein so großes Risiko. Natürlich gab es erst auch mal Reibung unter den Mitgliedern und wir mussten uns aufeinander einstellen. Mittlerweile sind wir aber ein gut funktionierendes Team.“

Was hat die Corona-Situation mit euch und eurem Geschäft gemacht?

Lars: „Beim Ausbruch der Pandemie waren wir mit unserem ersten Standort gerade an den Start gegangen. Und für eine kurze Zeit waren wir auch wirklich unter Druck. Einige unserer Mieter haben ihr Büro oder ihren Schreibtisch direkt gekündigt. Da haben wir uns echt Sorgen gemacht. Aber es stellte sich schnell heraus, dass das Übersprunghandlungen waren und unser Konzept ja eigentlich viel sicherer in dieser unsicheren Zeit ist. Die Flächen waren schnell neu belegt.“

Und welche Bedeutung schreibt ihr dem Thema Lage zu?

Lars: „Eine sehr hohe. Hier im Werftdreieck haben wir eine zentrale Lage mit super Anbindung. Die Straßenbahn fährt vor der Haustür, das Neptun Einkauf Center ist direkt nebenan und will man mittags mal ins Restaurant oder einen Imbiss, muss man auch nicht weit laufen. Und dann wäre da natürlich noch diese hervorragende Aussicht. Rostock und das Wasser gehören einfach zusammen, mit dem Blick auf die Unterwarnow kann man sich einfach nur wohlfühlen.“

Und das meistert ihr alles zu zweit?

Tino: „Ja, bislang sind wir nur zu zweit. Das ist herausfordernd, aber aktuell noch zu schaffen, weil wir auch einige Dienstleister mit eingebunden haben. Außerdem achten
wir enorm darauf, dass wir die Aufgaben konsequent aufteilen. Wir können es uns zeitlich nicht leisten, doppelt zu arbeiten. Das braucht ein starkes Commitment und eine klare Haltung, aber da schwimmen wir genau in eine Richtung. Wir überlegen gerade, ob wir eine:n Community-Manager:in einstellen, da müssen wir aber erst einmal die passende Person finden. Unser Geschäft ist vor allem ein Peoples-Business, da kommt es mehr auf die Persönlichkeit als auf die Fähigkeiten an.“

Vielen Dank für das Interview!

Quelle: a|w|sobott, André Sobott

Über das Gebäudeensemble aus Hotels und Büro.

Auf einem bis dato unbebauten Teilgrundstück des historischen Geländes der Neptun-Werft hat LIST Develop Commercial ein 15.800 qm großes Gebäudeensemble aus zwei Hotels
und einem Bürokomplex einschließlich Pkw-Stellplätzen entwickelt. LIST Bau Rhein-Main verantwortete die schlüsselfertige Realisierung. Wo früher die Entzunderung und der Zuschnitt Platz fanden, wird nun übernachtet und gearbeitet. Entstanden sind drei Gebäuderiegel, die im Erdgeschoss miteinander verbunden sind. Eine besondere Konzeption, die zum einen das Ensemble vereint und zum anderen für eine attraktive, offene Bauweise sorgt.

Die Fassade ist in Teilen in Klinkeroptik gestaltet, sodass eine Verbindung zur Backsteinarchitektur der umgenutzten, aber erhaltenen Neptun-Werft-Hallen entsteht. Die Klinkerriemchen wurden dabei in ein spannendes Wechselspiel mit Reliefs und Putzstreifen gebracht. Zusätzlich wurden horizontal verlaufende Lisenen aus Blech als Gestaltungsmittel in das Fassadenkonzept integriert. Diese dienen der Gliederung der einzelnen Gebäude. 

Die rechteckigen Hotelneubauten haben B&B HOTELS und Arthotel ANA als Mieter bezogen— insgesamt stehen Übernachtungsgästen damit 253 Zimmer zur Verfügung. Das dreieckige Bürogebäude am östlichsten Rand des Grundstücks ist an den Straßenverlauf angepasst, bietet rund 3.500 qm Mietfläche und beherbergt unter anderem die Office-Spaces von @Work. Dank der Höhe und der großzügigen Fenster ermöglichen die Neubauten auf der Nordseite einen Blick auf die Unterwarnow. Durch die Lage an der Hauptstraße und am öffentlichen Nahverkehr ist die Anbindung optimal.