Quelle a|w|sobott, André Sobott

Gebäude als Rohstoffdepots – Grundlagen erklärt.

Unser Planet ist ein geschlossenes System und unsere Ressourcen sind endlich. Die Zukunft des Planens und Bauens ist deshalb zirkulär – da sind sich die Expert:innen einig. Dabei ist allen Beteiligten bewusst, dass wir vor einer Mammut-Aufgabe stehen. Wir nähern uns diesem komplexen Themenfeld aus unterschiedlichen Perspektiven von verschiedenen Expert:innen. In diesem Beitrag verschaffen wir uns zunächst einen Überblick über die Begrifflichkeiten.

Der Kern des Ganzen.

Kreislaufwirtschaft (engl.: circular economy)

„Ein sich selbst erholendes und erneuerndes Wirtschaftssystem, dessen Prämisse der Erhalt des höchstmöglichen Nutz- und Geldwertes seiner Materialien und Produkte in geschlossenen Stoffkreisläufen ist.“
Auszug aus „Urban Mining und kreislaufgerechtes Bauen“ von Felix Heisel und Dirk E. Hebel (Februar 2021)

Wir betrachten Stoffkreisläufe aus einer eher technischen und prozesslichen Perspektive heraus. Damit das System in die Immobilienbranche wirklich Einzug halten kann, müssen wir vor allem Transparenz schaffen. Nur wenn wir einen Wissensspeicher dazu aufbauen, wo und wie welche Rohstoffe verbaut sind, können diese in Kreisläufe gebracht werden.
Einordnung der LIST Gruppe

Oft synonym verwendet, aber nicht deckungsgleich.

Cradle to Cradle (C2C, dt.: von der Wiege zur Wiege)

„Ein Produkt sollte so intelligent konzipiert sein, dass es am Ende seiner Nutzungsphase nicht zu Abfall wird, sondern durch permanente Umwandlung und ohne Gesundheitsrisiko für Fauna und Flora in immer neuen Kreisläufen aufgeht.“
Auszug aus „Urban Mining und kreislaufgerechtes Bauen“ von Felix Heisel und Dirk E. Hebel (Februar 2021)

Das Designkonzept will die Konzeption kreislauffähiger Produkte möglich machen. Der Kreislauf selbst ist eine Grundvoraussetzung, aber nicht das Ziel. Der Ansatz setzt auf chemischer Basis auf und besagt: Alles ist entweder in technischen (Technosphäre) oder in biologischen (Biosphäre) Kreisläufen führbar. Am Ende wird bei einem 100-prozentigen C2C-Produkt alles wieder zu Nahrung in der Natur und generiert dort erneut die Ausgangsstoffe für neue Produkte. Die Kreisläufe sind gekoppelt! Damit muss das Produkt von der chemischen Struktur und deren biologischer Umwandel- und Nutzbarkeit her entwickelt werden.
Einordnung der LIST Gruppe

Urban Mining

„Rückgewinnung von verwend- oder verwertbaren Baumaterialien und Bauteilen aus der gebauten Umwelt, welche nicht kreislaufgerecht konzipiert und errichtet wurden. Die Analogie zum Bergbau ist hier treffend, da der physische und energetische Aufwand der Rückgewinnung von Rohstoffen immens und weiterhin problematisch ist. Urban Mining adressiert lediglich (noch) nicht kreislaufgerecht konzipierte Reserven.“
Auszug aus „Urban Mining und kreislaufgerechtes Bauen“ von Felix Heisel und Dirk E. Hebel (Februar 2021)

Der schlafende Riese in puncto Zirkularität ist der Bestand. Die damaligen Gebäude wurden nicht zirkulär geplant, trotzdem muss es gelingen, die Materialbestände nach Um- und Rückbau wieder in einen Kreislauf zu überführen. Noch ist das nur für ganz vereinzelte Bauteile und Produkte wie beispielsweise Klinker, Kabeltrassen oder Sanitärarmaturen möglich und beschränkt sich dabei in der Regel auf die Wiederverwendung.
Aber beispielsweise ein Blick auf die TGA zeigt, dass hier noch ein deutlich größeres Engagement für eine intensivere Nutzung der urbanen Mine unternommen werden muss: Denn die Anlagen und Systeminstallationen beinhalten strategisch und wirtschaftlich wertvolle Rohstoffe wie beispielsweise Kupfer, Aluminium oder seltene Erden, die nur noch begrenzt zur Verfügung stehen werden. Zugleich können beim erneuten Einsatz die hohen materialgebundenen Umweltwirkungen der energieintensiven Herstellungsprozesse eingespart werden.
Einordnung der LIST Gruppe

Dazu ein konkretes Beispiel: massiver Holzbalken aus der Decke.

Vor allem auf die Unterschiede kommt es an.
Wiederverwendung (engl.: re-use)

„Verwendung eines Materials oder Bauteils in einer weiteren Nutzungsphase unter Beibehaltung seiner stofflichen Komposition (Zusammensetzung) und seiner Gestalt (Physiognomie) sowie seiner ursprünglichen Funktion (Nutzungskategorie).“
Auszug aus „Urban Mining und kreislaufgerechtes Bauen“ von Felix Heisel  und Dirk E. Hebel (Februar 2021)

Weiterverwendung (engl.: repurposing)

„Verwendung eines Materials oder Bauteils unter Beibehaltung seiner stofflichen Komposition (Zusammensetzung) und seiner Gestalt (Physiognomie). Jedoch ändert sich seine ursprüngliche Funktion (Nutzungskategorie).“
Auszug aus „Urban Mining und kreislaufgerechtes Bauen“ von Felix Heisel  und Dirk E. Hebel (Februar 2021)

Wiederverwertung (engl.: reutilization)

„Verwertung eines Materials in einer weiteren Nutzungsphase unter Beibehaltung seiner stofflichen Komposition (Zusammensetzung) bei gleichzeitiger Änderung seiner Gestalt (Physiognomie). Oftmals bleibt die Funktion des Baustoffs bestehen (Nutzungskategorie).“
Auszug aus „Urban Mining und kreislaufgerechtes Bauen“ von Felix Heisel  und Dirk E. Hebel (Februar 2021)

Weiterverwertung (engl.: reprocessing)

„Verwertung eines Materials in einer weiteren Nutzungsphase unter Auflösung seiner stofflichen Komposition (Zusammensetzung) und Gestalt (Physiognomie). Hierdurch entstehen andere Werkstoffe oder Produkte mit anderen Eigenschaften und neuen Anwendungen (Nutzungskategorien).“
Auszug aus „Urban Mining und kreislaufgerechtes Bauen“ von Felix Heisel  und Dirk E. Hebel (Februar 2021)

Recycling

„Definition deutsches Kreislaufwirtschaftsgesetz: ‚Jedes Verwertungsverfahren, durch das Abfälle zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen entweder für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke aufbereitet werden. Es schließt die Aufbereitung organischer Materialien ein, aber nicht die energetische Verwertung und die Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder zur Verfüllung bestimmt sind.‘ Es handelt sich insofern um einen Überbegriff für die Verwertung, wobei die Begriffe Wiederverwertung und Weiterverwertung präziser über stoffliche und funktionale Veränderungen Auskunft geben. Der englische Begriff recycling entspricht zudem auch dem deutschen Wiederverwerten, was in beiden Sprachen zu Unklarheiten in der Begriffsdefinition führt.“
Auszug aus „Urban Mining und kreislaufgerechtes Bauen“ von Felix Heisel  und Dirk E. Hebel (Februar 2021)