LIST Ingenieure über Punktwolken: die Grundlage für die digitale Bestandserfassung
Quelle: LIST Gruppe

Dot. Dot. Dot. – Wenn aus Punkten 3D-Modelle entstehen.

Ein Bild, das nur aus Punkten entsteht, ist etwas, das wir aus Museen kennen. Die Bilder aus Punkten spiegeln ein großes, detailreiches Ganzes wider. Auch in der digitalen Planung von Gebäuden findet man Bilder aus Punkten – und zwar als Punktwolke: die Grundlage für die digitale Bestands- erfassung. Silke Wagner, Wiebke Schmidt und Arrash Bueno, BIM-Modelliererinnen und Objektplaner bei LIST Ingenieure, haben uns über ihre Erfahrungen an der Schnittstelle Punktwolke, Bestand und Neubau BIM-Modelle berichtet.

In der Welt des modernen Bauwesens haben Technologien wie Punktwolken viele Veränderungen herbeigeführt. Mit der Fähigkeit, scheinbar chaotische Daten in detaillierte 3D-Modelle zu verwandeln, haben Punktwolken das Potenzial, den gesamten Bauprozess zu optimieren. Für LIST Ingenieure sind Punktwolken an sich nichts Neues und schon länger Bestandteil des Arbeitsalltags. Neu ist, dass diese seit Anfang dieses Jahres auch inhouse realisiert und verarbeitet werden. Silke Wagner, Arrash Bueno und Wiebke Schmidt könnte man – fast! – als die Versuchskaninchen beschreiben. „Wir hatten unsere technischen Startschwierigkeiten, aber sobald die geklärt waren, lief alles super“, beschreiben sie ihren Start in das Pilotprojekt.

Datenmengen von mehr als 70 GB.

Alles beginnt mit einem Vermesser, der mit einem Laserscanner, einer Drohne oder einem Tachymeter das gesamte Gebäude innen und außen vermisst. Der 3D-Laserscanner sendet Tausende von Laserstrahlen aus und misst die Zeit, die sie benötigen, um vom Objekt reflektiert zurückzukehren. „Dabei werden dreidimensionale Koordinaten für jeden einzelnen Punkt erfasst. Diese Punkte bilden zusammen eine detaillierte, räumliche Darstellung des gescannten Objekts oder Bereichs – die Punktwolke“, erklärt Silke Wagner, BIM-Modelliererin bei LIST Ingenieure. „Alternativ kann die Fotogrammetrie-Technik eingesetzt werden, bei der zahlreiche überlappende Bilder von einer Drohne aufgenommen und zu einer dreidimensionalen Punktwolke zusammengesetzt werden.“

Als Nächstes werden die Einzelscans mit spezieller Software zu einer Gesamtpunktwolke zusammengefügt, die das digitale Abbild des Gebäudes darstellt. Die Punktwolke wird uns üblicherweise im E57-Format übergeben. „Da die Punktwolke manchmal riesige Datenmengen von über 70 GB umfassen kann, verwenden wir das Zusatzprogramm BIMm-Tool Pro, um die Punktwolkendaten für unser Architekturprogramm ArchiCAD handhabbar zu machen“, fügt Wiebke Schmidt, BIM-Modelliererin, hinzu.

Chaos zu Präzision.

Nachdem alle Scans zusammengefügt sind, beginnt das Modellieren des Bestandsgebäudes in ArchiCAD mit der Punktwolke als detailliertem Leitfaden. Die Punktwolke kann jederzeit ein- und ausgeblendet werden, was beim Modellieren eine hervorragende Kontrollfunktion bietet und das 3D-Modell Schritt für Schritt aus der Punktwolke entstehen lässt. Die schiere Datenmasse bei Punktwolken bietet im Gegensatz zu herkömmlichen Vermessungsmethoden wie Zollstock und ungenauen Bestandsplänen eine verlässliche Grundlage. Die Modellierung von Bestandsgebäuden mit diesem Verfahren hat viele Vorteile: „Die Punktwolke ermöglicht uns, alle bestehenden Gegebenheiten in nur einem Modell darzustellen. Das Modell kann im Laufe der Zeit aktualisiert und erweitert werden, und durch das Erfassen von Abweichungen liefert es eine genaue Grundlage für zukünftige Umbauten und Sanierungen“, schildert Schmidt.

Modelle passgenau verbinden.

Im Fall des Pilotprojektes wurde ein Neubaumodell an das Bestandsgebäude angeschlossen und sämtliche Umbaumaßnahmen wurden in einem Modell dargestellt. „Besonders wichtig ist, dass wir uns vorher genau abstimmen, was wir darstellen wollen. Soll das Gebäude verformungsgerecht dargestellt werden? Und wie hoch sind unsere Toleranzen, wenn eine Wand schief steht?“, so Arrash Bueno, Objektplaner bei LIST Ingenieure. Wie stellt man nun aber alles in einem Modell dar? Mit Filtern! „Mit Abriss-, Um-bau- und Neubaufiltern kann man genau nachvollziehen, welche Änderungen am Bestandsgebäude vorgenommen werden“, erklärt Bueno. Schmidt führt fort: „Durch die präzise Vermessung und Darstellung durch die Punktwolke wird es für uns auch leichter, den Neubau an das Bestandsmodell anzuschließen.“

Standards schaffen.

Die Arbeit von LIST Ingenieure beginnt bereits in der Planungsphase des Projekts,indem gemeinsam mit dem Vermesser wichtige Datenpunkte definiert werden. „Dadurch haben wir bereits erste Standards geschaffen, wie wir vermessen wollen“, beschreibt Wagner. „So können wir die Qualität für alle Projekte verbessern und Kostenfaktoren reduzieren.“

 „Mit diesem Pilotprojekt haben wir gute Grundlagen und Arbeitsabläufe geschaffen, die wir auf alle folgenden Projekte anwenden können. Mit diesem Ablauf benötigen wir auch keine weiteren Dienstleister mehr, die wir sonst beauftragen mussten. Dadurch können wir enger mit den Bauherr:innen zusammenarbeiten“, fasst Wiebke Schmidt das Projekt zusammen.

Projekt: In Dinkelscherben nahe Augsburg soll für das Chemieunternehmen Witty GmbH & Co. KG eine neue Produktionshalle gebaut werden. Außerdem sollen die Bestandsgebäude revitalisiert werden. Die Bestandserfassung und BIM-Modellierung wird von LIST Ingenieure durchgeführt. LIST Bau Stuttgart realisiert den Um- und Neubau.

„Unsere neue Produktionshalle wird direkt an das Fertigwarenlager angebaut. Es handelt sich um die größte Investition in der Witty-Firmengeschichte. Bei einem solchen Projekt hat die Bestandserfassung und Dokumentation sicherlich einen hohen Stellenwert. Ausschlaggebend für die Zusammenarbeit mit LIST Bau war letztlich, dass Vertrauen entstanden ist – und natürlich mussten Preis und Leistung passen.“ Dr. Hubert Witty

LIST Ingenieure über Punktwolken: die Grundlage für die digitale Bestandserfassung
Quelle: LIST Gruppe
Silke Wagner.

Silke Wagner ist seit März dieses Jahres als BIM-Modelliererin Teil des Teams von LIST Ingenieure in Stuttgart. Ihre Ausbildung zur Bauzeichnerin hat sie am Zeichenbrett begonnen und war zunächst im Wohnungsbau tätig. Dort hat sie gemeinsam mit ihrem damaligen Arbeitgeber eine Abteilung zur Bestandserfassung aufgebaut. Vor ihrer Zeit bei LIST hat sie viel mit der Aufmessung von denkmalgeschützten
Gebäuden gearbeitet und bei LIST ihre ersten Berührungspunkte mit dem Neubau gehabt.

Arrash Bueno.

Arrash Bueno ist seit Januar 2022 als Objektplaner bei LIST Ingenieure in Hamburg tätig. Nach seinem Architekturstudium hat er zunächst im Wohnungs- und Hotelbau sowie in diversen Architekturwettbewerben fünf Jahre praktische Erfahrungen gesammelt. Nach den unterschiedlichen Entwurfs- und Planungsphasen im Hochbau entschied er sich für den nächsten Schritt: Planen mit BIM.

Wiebke Schmidt.

Wiebke Schmidt ist seit Anfang 2019 als BIM-Modelliererin bei LIST Ingenieure. Begonnen hat sie mit einer Ausbildung zur technischen Systemplanerin im Bereich Stahl- und Hallenbau. Zunächst hat sie vier Jahre im Tiefbau gearbeitet, mit dem Fokus auf Rohrleitungs- und Pipelinebau, Bohr- und Förderplatzplanung. Nach ihrem Wechsel zurück in den Hochbau stoß sie zu LIST Ingenieure.