Quelle: a|w|sobott, André Sobott

Digitale Rheinquerung – Hinter den Kulissen der U81.

Der Düsseldorfer Flughafen ist mit dem öffentlichen Nahverkehr zurzeit nur mit einer S-Bahn-Linie und dem Sky Train erreichbar. Einen Anschluss an das Stadtbahnnetz gibt es nicht – trotz seiner Nähe zur Stadt. Mit dem neuen Stadtbahnprojekt soll sich das ändern. In mehreren Bauabschnitten soll eine neue Strecke entstehen: von Ratingen bis an die Neusser Stadtgrenze. Damit werden die rechte und linke Seite des Rheines verbunden – die Rheinquerung selbst ist Teil des zweiten Bauabschnitts, für den intecplan das BIM-Management übernimmt.

Heute Morgen hat es hier am U-Bahnhof MERKUR SPIEL-ARENA/Messe Nord noch geregnet. Jetzt in den Nachmittagsstunden scheint schon wieder die Sonne. Eine direkte Bahn in Richtung Flughafen gibt es hier nicht. Das merkt man vor allem an den Massen von Taxis, die die vielen internationalen Messegäste Richtung Flughafen bringen. Gemeinsam mit Valentina Eirich, Projektleiterin des Amts für Brücken-, Tunnel- und Stadtbahnbau bei der Stadt Düsseldorf, und Deniz Özdemir, Projektleiter bei intecplan, geht es für uns entlang der geplanten U81-Strecke in Richtung Rhein.

Brücke oder Tunnel – das ist hier die Frage.

An der ehemaligen NATO-Landungsbrücke angekommen, blickt man auf die linksrheinische Seite. Dort soll nach Abschluss des Stadtbahnprojektes die Rheinquerung enden. Noch steht allerdings nicht fest, wie die beiden Rheinufer miteinander verbunden werden sollen.

Die Bevölkerung war und ist an der Entwicklung der Stadtbahnstrecke beteiligt. Für den zweiten Bauabschnitt gab es einen Bürgerdialog, in der es eine Planungswerkstatt mit Bürger:innen gab. Zudem fanden auch eine Veranstaltung mit Interessenvertretungen, sowie zuletzt Werkstätten mit Politik und Stadtverwaltung statt. Gemeinsam wurde nach einem Trassenverlauf gesucht. Zur Auswahl stehen nun ein Tunnel oder eine Brücke. Basierend auf der Vorplanung wird dann entschieden, ob wir den Rhein an dieser Stelle zukünftig ober- oder unterirdisch überwinden werden.

Neben der Rheinquerung als solcher hat dieser zweite Bauabschnitt noch ein weiteres Highlight zu bieten – denn die Landeshauptstadt hat das anspruchsvolle Vorhaben zu einem BIM-Pilotprojekt erklärt. Für die Stadt steht fest, dass – aufgrund von gestiegenen Anforderungen an die inhaltliche Qualität und die zunehmende Geschwindigkeit zukunftsorientierter Leistungen – eine langfristige und kontinuierliche BIM-Entwicklung unentbehrlich wird. Ihr war es deshalb wichtig, ein großes Projekt mit einer langen Projektlaufzeit mit der Methode BIM abzuwickeln. Schließlich stelle die Methode zukünftig den Standard im Bauwesen dar sowie im Zuge der stadtweiten Digitalisierungsoffensive einen wichtigen zukunftsweisenden Baustein. Und da kam das Stadtbahnprojekt U81 wie gerufen. Oberirdisch oder unterirdisch? Noch steht nicht fest, wie wir zukünftig das Rheinufer überwinden können.

Ein BIM-Modell ohne Wasser?

„Zunächst erstellen die Generalplaner ein Bestandsmodell und Umgebungsmodell der Teilstrecke“, beschreibt Deniz Özdemir den Projektablauf. „Wir haben nur einen kleinen Teil der Strecke gesehen, aber die Anzahl an Daten, die hier zusammenkommen werden, ist enorm“, sagt Özdemir auf dem Rückweg. Die Teilstrecke für den zweiten Bauabschnitt ist ungefähr vier Kilometer lang und die gesamte Infrastruktur in diesem Stück muss erfasst werden, sodass nachher ein umfangreiches Umgebungs- und Bestandsmodell in BIM erstellt werden kann. Das heißt, es muss genau erfasst werden: Wo liegt welches Rohr? Wer hat wo welches Kabel verbaut? Und wie stehen die Fundamente der Häuser entlang der Strecke?

Deniz und sein Team stehen dabei der Stadt für das BIM-Management zur Seite. „Wir prüfen unter anderem den BIM-Abwicklungsplan sowie die damit verbundene Einhaltung der Auftraggeber-Informationsanforderungen. Wir überprüfen aber auch, ob die während der Planung erstellten digitalen Liefergegenstände den Anforderungen der Stadt und der umzusetzenden BIM-Methode entsprechen, und wirken in der Überwachung der fristgerechten Leistungserbringung mit“, fasst Özdemir einen Teil seines Arbeitsauftrags für die U81 zusammen. „Dieses Projekt ist groß und wir müssen darauf achten, dass die Planer alle BIM-spezifischen Grundlagen der Stadt erfüllen.“ Ein Infrastruktur-Projekt hat dabei andere Anforderungen im 3D-Raum als ein Gebäude. Anstelle eines Rasters hat man beispielsweise Trassen. Außerdem unterscheiden sich die Übergänge von Brücken oder Tunneln im dreidimensionalen Verlauf gegenüber denen von Immobilien. Auch die Bauteile und Segmente, die in Infrastrukturprojekten verwendet werden, gibt es so in Gebäuden nicht.

„Der Rhein ist in diesem Projekt zwar eine der größten Herausforderungen. Dennoch ist das Einzige, was im BIM-Modell nicht dargestellt werden kann, fließendes Wasser“, witzelt Deniz und erklärt: „Der Fluss von Wasser ist schwer im BIM-Raum abzubilden. Man kann aber mit alternativen Darstellungen arbeiten, von denen sich Pläne ableiten lassen. Zum Beispiel für die Berücksichtigung von Wasserständen oder den statischen Einfluss auf eine Brücke oder einen Tunnel.“

Fast so schnell wie Fliegen.

Wieder an der Haltestelle angekommen, steht einem wieder der Kampf durch die Taxi- und Menschenmassen bevor. Die Messe ist vorbei und die Gäste wollen nach Hause. Zur Auswahl stehen das Taxi, der Privatwagen oder die Bahn zum Hauptbahnhof. Aber mit der Bahn zum Flughafen zu gelangen, das dauert nachmittags circa eine halbe Stunde und beinhaltet ebenso mindestens ein bis drei Umstiege. Die neue Stadtbahnstrecke würde hier eine direkte  Verbindung bieten. Die zukünftige Strecke soll viele Ziele, die heute nur über einen Umweg durch die Düsseldorfer Innenstadt zu erreichen sind, schneller und direkter zugänglich machen. Dadurch verspricht sich die Landeshauptstadt, dass viele Menschen vom Privatwagen auf den ÖPNV umsteigen und die Linien in der Innenstadt entlastet werden.

 Quelle: a|w|sobott, André Sobott
Zur Person.

Deniz Özdemir ist Projektleiter bei intecplan Essen. Deniz begann seine technisch behaftete Laufbahn mit einer Ausbildung zum Vermessungstechniker, die er vor seinem Studium zum konstruktiven Bauingenieur 2009 beendete. Nach seinem Studium arbeitete er im Bereich Tragwerksplanung. Hier fehlte ihm jedoch das große Ganze eines Planungsprojekts, sodass er anschließend zu einem Ingenieurbüro wechselte und den Bereich Infrastruktur in der Planung sowie die Projektleitung für sich entdeckte. Nach fast fünf Jahren kam Deniz 2020 zu intecplan und ist hier für vielerlei Projekte im Bereich Management, Hochbau und Infrastruktur verantwortlich. Für sämtliche Projekte ist die BIM-Methode im Hause intecplan gelebte Praxis.

Über das Projekt.

Der Flughafen Düsseldorf soll an das Stadtbahnnetz angeschlossen werden und eine Verbindung von Ratingen-West bis ins linksrheinische Düsseldorf und an die Neusser Stadtgrenze schaffen. Dadurch wird eine bessere ÖPNV-Vernetzung erreicht und eine komfortable Anbindung für Menschen im Osten und Westen der Stadt ermöglicht. Insgesamt ist die Strecke in vier Bauabschnitte aufgeteilt. Der erste Bauabschnitt der U81 (Freiligrathplatz – Flughafen Terminal) wird nach aktuellem Terminplan im Sommer 2025 in Betrieb genommen. intecplan Essen übernimmt das BIM-Management für den zweiten Bauabschnitt von Leistungsphase 1 bis 7 und steht dem Amt für Brücken-, Tunnel- und Stadtbahnbau über den gesamten Projektverlauf in Bezug auf das Thema BIM beratend zur Seite. Auf Seiten der Stadt wird das Projekt geleitet von Valentina Eirich.