Die alte Kupferwerkhalle in Köln – ein Beispiel für Bauen im Bestand.

Unsere Bestandsbau-Spezialist:innen von LIST BiB Bielefeld revitalisieren einen Teil der alten Kupferwerkhalle im Carlswerk in Köln. Während im Inneren der Industrieimmobilie eine völlig neue und moderne Unternehmensimmobilie entsteht, steht draußen auf dem Werksgelände teilweise noch die Zeit still. Eine Kombi, die wir uns einmal etwas genauer angeschaut haben.

Es ist, wie es die Kolleg:innen vorher gesagt haben – in dem Moment, in dem wir das Tor zum Carlswerk-Gelände in Köln passieren, tauchen wir in eine andere Zeit ein. Von jetzt auf gleich befinden wir uns mitten in einem Industrieareal aus dem letzten Jahrhundert. Bunt zusammengewürfelte Backsteinfassaden, großflächige Stahl- und Trapezblechkonstruktionen, veraltete Sprossenfenster und Tore, oberirdische Versorgungsleitungen und ein Asphalt-Flickenteppich, der immer mal wieder von Schienen durchkreuzt wird. Hier hat einst die Seilerei Felten & Guilleaume mit bis zu 24.000 Mitarbeiter:innen Drähte und Stahlseile produziert – das glaubt man sofort.

Neue Nutzung, neue Qualität.

Wir wissen natürlich, dass die Nutzung längst eine andere ist. Denn das Carlswerk ist nur noch rein äußerlich, was es einmal war. Im Inneren der Gebäude hat sich bereits sehr viel getan. Ende 2007 hat die BEOS AG das circa 126.000 Quadratmeter große Areal mit rund 20 Gebäuden aus über 100 Jahren Bauzeit übernommen. Seitdem werden die Immobilien nach und nach zu hochwertigen Bürolofts und flexiblen Hallen- und Lagerflächen für Gewerbe, Dienstleistung, Produktion und Freizeitaktivitäten umgebaut – Moderne und Innovation auf der einen Seite, Industriecharme und Geschichtsträchtigkeit auf der anderen Seite. Davon angezogen haben sich vom Schauspiel Köln über Tesla bis hin zu Lukas Podolski verschiedenste Nutzer:innen dort niedergelassen. Entstanden ist bereits jetzt ein attraktives Stadtquartier, das aufgrund der Corona-Situation leider nicht so belebt ist, wie noch vor eineinhalb Jahren. Da steppte auch im Außenbereich der Bär. Aber auch jetzt zeigt sich hier draußen bei genauerem Hinschauen, dass sich hier ebenfalls sehr wohl schon etwas getan hat. Wir fahren weiter auf dem Areal zur alten Kupferwerkhalle, die unsere Kolleg:innen von LIST BiB Bielefeld im Laufe des nächsten Jahres revitalisieren. 

Und dann stehen wir vor dem großen Tor der alten Kupferwerkhalle, in der 1904 das erste transatlantische Telefonkabel gefertigt wurde. LIST BiB Bielefeld ist mit der Revitalisierung der gut 8.000 Quadratmeter großen Fläche beauftragt. In gut einem Jahr Bauzeit werden die Kolleg:innen die Industriehalle in eine moderne Bürowelt verwandeln – mit einem neuen Zwischengeschoss, einer großen Veranstaltungsfläche inklusive großzügiger Tribünentreppe, moderner Gebäudetechnik und viel Industrieschick. Die Visualisierungen sehen toll aus. Wenn wir aber jetzt hier in der nackten Halle stehen, braucht es plötzlich wieder sehr viel Vorstellungskraft. Die Kolleg:innen von LIST BiB Bielefeld beweisen immer wieder, dass Räume auch ganz anderen Nutzungen zugeführt werden können. Denn Räume sind immer das, was man aus ihnen macht. Ein Prozess, der hier in Köln gerade erst startet.

Deshalb sind wir mit dem Projektingenieur Hans-Jürgen Haake und dem Baustellenleiter Hendrik Dittmer verabredet. Unser Plan: Wir wollen verstehen, was hier im nächsten Jahr alles passieren wird. Denn der Bestandsbau schreibt seine eigenen Geschichten.

Die Mauer vor der Mauer.

„Wie ihr seht, haben wir es hier nicht mit einer freistehenden Halle, sondern einem Teil eines größeren Gebäudekomplexes zu tun. Rechts befindet sich ein Tesla-Center, links ist die Post untergebracht und hinter und in Teilen sogar über uns arbeitet bereits unser zukünftiger Nutzer, der sich vergrößern will“, erklärt Hans-Jürgen. „Die laufenden Betriebe sollen durch unsere Arbeiten natürlich nicht gestört werden, trotzdem müssen wir große Teile der Außenwände erneuern. Denn diese entsprechen nicht den gültigen Anforderungen an eine Brandschutzwand. Also haben wir uns dafür entschieden, jeweils komplett neue Brandschutzwände neben den bestehenden provisorischen Rigipswänden hochzuziehen. Deshalb die Mauer vor der Mauer.“

Wir gehen in das Gebäude und laufen direkt auf eine Rampe zu, die in den Keller führt. „Der Keller wird zukünftig als Tiefgarage genutzt. Damit man eine direkte Zufahrt von außen hat, werden wir hier die Wände so verlegen, dass das Tor, durch das wir gerade gekommen sind, wegfällt. Hier wird es dann nur noch einen kleinen Hinterausgang geben. Der Hauptzugang erfolgt dann sowohl im Erdgeschoss wie auch im neuen Obergeschoss direkt über die bereits bestehenden Flächen des Nutzers“, fährt Hendrik weiter fort. „Und direkt neben diesen Durchbrüchen trennen wir noch eine kleine Fläche ab, in der ein REWE To Go eröffnen wird.“

Wir bleiben erst einmal hier im Erdgeschoss und gehen ein paar Schritte. Der Blick nach oben gibt korrodierte Stahlträger, großzügige, aber beschädigte Lichtbänder und in die Jahre gekommene Trapezbleche frei. Ich frage, ob das so bleibt. „Die Stahlkonstruktion bleibt erhalten, wird aber natürlich trockeneisgestrahlt, gereinigt und dabei bewusst nicht gestrichen. Das Dach und die Lichtbänder müssen wir aber tatsächlich komplett erneuern. Die Dämmung reicht vorne und hinten nicht und es würde zur Decke herausgeheizt werden“, begründet Hendrik die Maßnahmen. „Dabei arbeiten wir von hinten nach vorne und tauschen die Deckenelemente abschnittsweise direkt aus. Weil der Innenausbau in den fertiggestellten Abschnitten dann direkt hinterherarbeiten kann und wir nur so den engen Zeitplan halten können.“

Wo Fertigteile an ihre Grenzen stoßen.

Im hinteren Hallenabschnitt entdecke ich beim Weitergehen zwei Stützen, die in etwa der Hälfte der Raumhöhe entsprechen. Das ausführende Rohbau-Unternehmen hat gerade damit angefangen, das Zwischengeschoss einzubauen. „Die Schwierigkeit hierbei war vor allem die Statik. Wir müssen die Lasten der neuen Stahlbetondecke in die alte Gründung unter dem Keller ableiten“, erläutert Hans-Jürgen den technischen Hintergrund. „Das gelingt uns, indem wir im Erdgeschoss das Stützenraster aus dem Keller übernehmen. Jetzt wachsen hier nach und nach die Stützen in die Höhe, dann folgt die Decke und anschließend können wir die neuen Besprechungsräume im Erdgeschoss und die Büroräume im neuen, ersten Obergeschoss erstellen.“

Was bei dem Zwischengeschoss mit einer geschickten Planung gelöst werden konnte, bereitete dem Projektteam bei der Haupttreppe deutlich mehr Kopfzerbrechen. Entstehen soll eine Art Tribünentreppe, die sich aus normalen Treppenstufen zum Hochgehen und Sitzblöcken mit 60 Zentimetern Höhe und 90 Zentimetern Tiefe zusammensetzt. Dieses beeindruckende Highlight sollte aus Fertigteilen und somit möglichst schnell erstellt werden. Das Problem dabei ist ebenfalls die nicht ausreichende Tragfähigkeit der Kellerdecke. „Die vorgesehenen Fertigteile hätten im Schnitt rund neun Tonnen gewogen. Die bewegt man nicht mal eben mit einem Manitou. Größeres Hebelwerkzeug hätte die Kellerdecke allerdings nicht getragen. Und das Dach ist ja immer nur für kurze Zeit abschnittsweise geöffnet, da kommen wir also auch nicht mit einem Kran durch“, führt Hans-Jürgen weiter aus. „Wir haben das Hin und Her gerechnet. Aber keine Chance. Wir haben uns jetzt für die Ortbeton-Variante entschieden. Das kostet zwar Zeit, aber die bekommen wir schon irgendwie wieder reingeholt.“

Was effizient ist, kann gefördert werden.

Und wie bekommt man das Ganze hier geheizt? Der Veranstaltungsbereich in der Mitte hat schließlich eine enorme Raumhöhe und auch der Bürobereich ist eine zusammenhängende, große Fläche. „Da die Gebäudetechnik komplett neu aufgebaut werden muss, müssen wir keinen Kompromiss eingehen, sondern können die effizienteste Lösung verbauen. Und das sind Kühl- und Heizsegel, die sich komplett entlang der Dach-Trapezbleche verteilen“, geht Hendrik auf die Lösung ein. „Und damit die Wärme dann auch nicht verloren geht, versehen wir neben dem Dach auch die Kellerdecke mit einer neuen Dämmung.“ Das wollen wir uns natürlich auch noch ansehen. Wir nehmen die Rampe und es wird immer lauter. Während an dem einen Kellerende noch die letzten Abbrucharbeiten stattfinden, wird auf der anderen Seite ein Fahrstuhlschacht vorbereitet. Und über uns blicken wir auf nackten Beton. „Wir bauen den Keller zu einer Tiefgarage um. Da klingt eine Deckendämmung erst einmal überflüssig. Hier unten wird aber natürlich nicht geheizt und die Kälte würde durch eine nicht gedämmte Decke in die beheizten Büroräume hochziehen. Das wollen wir natürlich verhindern“, so Hans-Jürgen. „Außerdem gibt es noch ein weiteres entscheidendes Argument: Mit der Dämmung erreichen wir den Effizienzhaus-100-Standard. Es ergeben sich also ganz neue Fördermittel-Möglichkeiten, die die Höhe der zusätzlichen Kosten bei Weitem überschreiten könnten. Aber das ist ein Thema, zudem unsere Vertriebskolleg:innen unseren Auftraggeber beraten haben.“

Damit ist unser Rundgang beendet. Und nur eine Stunde nachdem wir die alte Kupferwerkhalle betreten haben, können wir uns plötzlich ganz gut vorstellen, dass hier bald echtes Büroflair herrscht. Da draußen auf dem Gelände wird die Geschichte des ehemaligen Werksgeländes die Wahrnehmung weiterhin dominieren. Hier drinnen aber dreht sich ab dem nächsten Jahr alles um die Zukunft.