LIST auf den Punkt: Markus Steppler (DERIX Gruppe)
Quelle: a|w|sobott, André Sobott

Markus Steppler: Aufbau. Rückbau. Rücknahme. – Impulsvortrag bei „LIST auf den Punkt.“

Anruf aus Amsterdam: Markus Steppler staunte nicht schlecht als Anfang 2024 das Telefon klingelte. 2016 mit Holzbauteilen auf- und acht Jahre später schon wieder zurückgebaut? Klingt wie aus einer anderen Welt, ist für die DERIX Gruppe um Geschäftsführer Steppler aber Alltag – und für die Teilnehmer:innen von „LIST auf den Punkt.“ zum Thema „Kreislauffähigkeit – wer kann es, was bringt es?“ allemal ein spannender Einblick in gelebte Kreislaufwirtschaft.

Auf’m Tisch

Der Anruf aus Amsterdam hatte Markus Steppler vielleicht überrascht, aber nicht auf dem falschen Fuß erwischt. Seine DERIX Gruppe war darauf vorbereitet. „Alle unsere Projekte werden schon zirkulär geplant. Beim Aufbau gibt es die Rückbauanleitung gleich mit dazu“, erklärte Steppler. Wie kann das funktionieren? Zuallererst durch die richtige Materialwahl. Bei DERIX fällt die auf Holz. Alle Bauteile werden in Niederkrüchten, Westerkappeln und Grevenbroich bereits mit dem früher oder später bevorstehenden Rückbau im Hinterkopf gefertigt. Die Produktion wurde dabei so weit optimiert, dass DERIX seinen Kunden seit 2021 ein Versprechen gibt: Im Rahmen einer Rücknahmeverpflichtung bietet DERIX nicht nur den Rückbau des Gebäudes, sondern auch den Rückkauf aller Bauteile an, um diese im Anschluss erneut zu verwenden. Das klappt im technischen Kreislauf schon für 50-60% der Produkte.

Für Markus Steppler bietet das Holz als Baustoff beim Blick auf das große Ganze einen Vorteil: Es funktioniert im unendlichen Kreislauf zwischen Natur und der Produktion. Entnommene Bäume als Primärressource wachsen in in nachhaltiger Forstwirtschaft nach, der Wald erfüllt so weiter seine Funktionen wie die Speicherung von CO2. Aus dem natürlichen Kreislauf entnommenes Holz wird nach der Produktion mithilfe der Rücknahmeverpflichtung und durch Recycling beziehungsweise Re-Use im technischen Kreislauf gehalten. 

2016, zum Baustart in Amsterdam, sei das zirkuläre Bauen nach diesem Vorbild laut Steppler „noch weit weg“ gewesen. Dennoch wurde die Rücknahme der Holzbauteile zum Teil des DERIX-Auftrags im Projekt „Circl“ in der niederländischen Metropole. Steppler erinnerte sich noch gut daran. „Wir haben uns gedacht: Was soll schon kommen und passieren?“ Es kam der Anruf. Der Anfang einer ebenso spannenden wie lehrreichen Zeit für DERIX. „Die Baustelle war wie ein Jenga-Spiel für Große.“ Durch die Schaffung von Standards in der Fertigung und den Einsatz von Gleichteilen blieb der Rückbau zwar eine große Herausforderung, wurde aber nicht zur unüberwindbaren Hürde. „Wir haben an manchen Stellen dort erst gemerkt, was alles beachtet werden muss“, sagte Steppler und hatte das passende Beispiel dabei. So haben sich etwa nur 60 Prozent der Schraubverbindungen wieder wie geplant lösen lassen, der Rest sei beim Versuch zerbrochen. „Wir wussten danach also, woran wir noch arbeiten mussten.“

In Amsterdam hatte der Rückbau dazu für einiges Aufsehen gesorgt. „Die Leute haben uns gefragt, was dort gebaut wird.“ Erst auf den zweiten Blick sei klar geworden, dass nicht der Auf-, sondern der Rückbau des Gebäudes im Gange war. „Es sah nur alles genau so aus.“ Auch die Branche habe das Projekt genau beobachtet: Kaum abgebaut, war die Nachfrage für die Bauteile und ihre erneute Verwendung schon da. „Die Interessenten stehen Schlange. Es gibt einen riesigen Markt, alle wollen die Geschichte mitschreiben.“

Auf’m Zettel

In der Geschichte fehlt allerdings auch noch das ein oder andere Kapitel. Die Gewinnung von Daten und ihr Erhalt ist für DERIX und Steppler ein Teil der Herausforderung im zirkulären Bauen, finanzielle Risiken ein anderer. Die Datenqualität soll durch eine Kooperation mit der Materialkataster-Plattform Madaster stetig verbessert werden. Auch die Prozesse für die Ermittlung des finanziellen Wertes der gebrauchten Bauteile nach der Rücknahme sind laut Steppler weiter in Arbeit.

Dazu kommen Ansätze, aus gelebter Kreislaufwirtschaft neue Geschäftsmodelle oder Anlageformen zu gestalten. Diese reichen von Gedanken an Projektgesellschaften, in denen nicht Geld, sondern Baumaterial von den Beteiligten eingebracht wird oder Anteile am Projekt gehalten werden.

Bei „LIST auf den Punkt.“ verriet Markus Steppler, dass DERIX in der Zwischenzeit ein anderes Feld betreten hat. „Wir steigen in den Emissionshandel ein.“ Denn für das im verbauten Holz gespeicherte CO2 können entsprechende Zertifikate ausgegeben und sogenannte „Carbon Credits“ angerechnet werden. Dafür müsste nachgewiesen werden, wie viel Treibhausgas über welchen Zeitraum auch über den Lebenszyklus des neugebauten Gebäudes hinaus im Material gebunden wird und damit auch beim Wiedereinbau der Holzbauteile gespeichert bleibt, statt durch die Verrennung freigesetzt zu werden. Die Herausgabe erster Zertifikate nach diesem Prinzip habe bereits begonnen und bringe so finanzielle und ökologische Vorteile zusammen.

Auf’n Punkt

„Die Etablierung der Rücknahmeverpflichtung ist für die gesamte Baubranche unabdingbar!“ Jedes Gewerk im Bau müsse sich laut Steppler entsprechende Gedanken machen. Neben dem Blick nach vorn, lohnt sich für Markus Steppler aber auch der Blick weit zurück. „Das hatten wir im Mittelalter schon einmal. Also: Back to the Roots!“

mehr zu "LIST auf den Punkt." zum Thema Kreislauffähigkeit

Die Bilder des Abends