Emissionshandel – das müssen Sie wissen.

Seit 2005 setzt die Europäische Union auf den Emissionshandel als Instrument zur Bekämpfung des Klimawandels. Dieses System zielt darauf ab, die Menge an Treibhausgasen, die von der Energiebranche und energieintensiven Industrien ausgestoßen werden, zu verringern. Im Jahr 2012 wurde der Handel auf den inner-europäischen Luftverkehr ausgeweitet – seit 2024 wird auch der Seeverkehr einbezogen. Unter dieses System fallen nicht nur Kohlendioxidemissionen, sondern auch Emissionen von Treibhausgasen wie Lachgas und perfluorierten Kohlenwasserstoffen. LIST gibt einen Überblick, wie der Emissionshandel funktioniert.

Der Emissionshandel ist ein marktbasiertes Instrument zur Kontrolle der Umweltverschmutzung und zielt darauf ab, die Emissionen von Treibhausgasen zu senken. Es wird als sogenanntes „Cap-and-Trade“ System bezeichnet. Zunächst wird ein Gesamtlimit für Emissionen festgelegt (Cap), das im Laufe der Zeit kontinuierlich reduziert wird, um die Umweltziele zu erreichen. Dieses Limit bestimmt die maximal zulässige Menge an Treibhausgasen, die in einem bestimmten Zeitraum ausgestoßen werden dürfen. Abgebildet wird diese Obergrenze über die Zahl der in den Markt gebrachten Zertifikate, die als Berechtigung zum Ausstoß von CO₂ verstanden werden können.

Emissionsrechte erlauben den Ausstoß einer bestimmten Menge an Treibhausgasen. Diese Zertifikate werden entweder kostenlos zugeteilt oder in Auktionen versteigert. Unternehmen, die weniger Treibhausgase ausstoßen als ihre Zertifikate erlauben, können ihre überschüssigen Zertifikate an andere Unternehmen verkaufen. Unternehmen, die mehr emittieren müssen, können zusätzliche Zertifikate erwerben. Der Emissionshandel soll allerdings eher Anreize schaffen, die Emissionsmenge zu reduzieren. Der Mechanismus: Unternehmen mit großem CO₂-Ausstoß sollen aufgrund hoher Kosten für die benötigten Zertifikate dazu gebracht werden, ihre Emissionen zu reduzieren, um auf diesem Weg Kosten einzusparen. Ein geringer Emissionsausstoß kann wirtschaftlich zusätzlich attraktiv werden: Nicht genutzte CO₂-Zertifikate können in den Emissionshandel gebracht und verkauft werden. 

Unternehmen müssen ihre Zertifikate einreichen und damit aktiv nachwiesen, dass sie über genügend Zertifikate verfügen, um ihre Emissionen abzudecken. Wenn ein Unternehmen nicht genügend Zertifikate besitzt, um seine Emissionen zu decken, werden Strafmaßnahmen verhängt. Dazu gibt es weitere Strafzahlungen für Staaten gegenüber der Europäischen Union, wenn festgesetzte Ziele zur Einsparung von CO₂ nicht eingehalten werden. Der Emissionshandel schafft somit einen finanziellen Anreiz für Unternehmen, ihre Emissionen zu reduzieren, und trägt damit effektiv zum Klimaschutz bei.

Im Emissionshandel müssen Unternehmen für jede ausgestoßene Tonne CO₂-Äquivalent eine entsprechende Berechtigung abgeben. Diese Berechtigungen werden entweder kostenlos zugeteilt oder durch Auktionen auf dem Primärmarkt verkauft. Die Auktionierung ist dabei aus Sicht der Staaten vorzuziehen, da sie dem Verursacherprinzip entspricht und staatliche Einnahmen für Klimaschutzmaßnahmen generiert.

Einige Unternehmen erhalten eine begrenzte Anzahl an Berechtigungen kostenlos, basierend auf festgelegten europäischen Zuteilungsregeln. Betroffen davon ist vor allem der Industriesektor. Das soll vor allem dem Carbon Leakage entgegenwirken. Darunter wird ein Emissionsanstieg durch die Verlagerung industrieller Produktion ins Ausland verstanden. Diese würde vor allem dann attraktiv, wenn Unternehmen ihre Produktion – und damit ihren Emissionsausstoß – in Länder verlagern, in denen CO₂ gar nicht oder deutlich geringer bepreist wird. Die Europäische Union hat dafür einen Grenzausgleichsmechanismus (CBAM: Carbon Border Adjustment Mechanism) eingeführt, um Carbon Leakage zu verhindern. Betroffen davon sind die Hersteller von Strom, Eisen und Stahl, Zement, Aluminium, Ammoniak/Düngemittel und Wasserstoff, bis 2030 soll der Kreis betroffener Unternehmen und Industrien weiter ausgeweitet werden.

Das bedeutet allerdings nicht, dass Industrieunternehmen vom Emissionshandel befreit sind unbegrenzt CO₂ ausstoßen können. Die Zahl der kostenlose Zertifikate wird von der EU-Kommission für jeden Wirtschaftssektor ermittelt und orientiert sich daran, welche Emissionen die effektivsten Anlagen im entsprechenden Sektor verursachen. Maßstab sind also Geräte und Technologien, deren Emissionsausstoß bereits optimiert ist.

Kostenlose Zertifikate werden reduziert

Im Rahmen des "Fit for 55"-Pakets, das die EU dabei unterstützen soll, die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent zu senken, bleibt die kostenlose Zuteilung für energieintensive Industrien grundsätzlich bestehen. Allerdings sind 20 Prozent dieser kostenlosen Zuteilungen seit 2023 an bestimmte Bedingungen geknüpft. Die kostenlose Zuteilung wird schrittweise für Branchen reduziert, die vom Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) betroffen sind. Ab 2026 erhalten Luftfahrzeugbetreiber keine kostenlosen Berechtigungen mehr. Gleiches gilt ab 2026 für den Seeverkehr und ab 2027 für den EU-ETS II.

Unternehmen, die nicht genügend kostenlose Berechtigungen erhalten, müssen diese auf täglichen Auktionen oder vom Sekundärmarkt erwerben. Im Sekundärmarkt agieren auch Privatpersonen und Unternehmen. CO₂-Zertifikate können gekauft und wieder verkauft werden. Der Sekundärmarkt ist sowohl für bilateralen Handel zwischen Käufer und Verkäufer, als auch für zwischengeschaltete Börsen geöffnet. So wird sichergestellt, dass alle Emissionen durch entsprechende Berechtigungen gedeckt sind und die Unternehmen einen Anreiz haben, ihre Emissionen zu reduzieren.

Der Handel mit CO₂-Zertifikaten ist in der EU ein etabliertes Instrument, um die Menge an Treibhausgasen zu steuern und ausgestoßene Emissionen über wirtschaftliche Anreize zu reduzieren. Dabei legt der Staat fest, wie viel CO₂ in einem bestimmten Zeitraum insgesamt ausgestoßen werden darf. Unternehmen müssen entsprechend ihrer Emissionen CO₂-Zertifikate erwerben und nachweisen. Je umweltfreundlicher ein Unternehmen wird, desto weniger Zertifikate benötigt es und spart damit Kosten. Der Preis für CO₂-Emissionen ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage.

Im Gegensatz zur CO₂-Steuer, bei der der Staat den Preis für eine Tonne CO2 festlegt, wird beim Zertifikathandel die erlaubte Gesamtmenge an Emissionen festgelegt. Der Preis entsteht hier durch Marktmechanismen.

Der Großteil der Versteigerungserlöse aus dem EU-ETS I wird für die Dekarbonisierung in der Industrie und im Energiesektor verwendet. Dabei müssen alle nationalen Auktionserlöse von den Mitgliedsstaaten für den Klimaschutz verwendet werden. In Deutschland fließen diese Erlöse in den Energie- und Klimafonds (EKF), aus dem Projekte in den Bereichen Klimaschutz, Energieeffizienz und Erneuerbare Energien finanziert werden.

Die EU hat zwei spezielle Fonds eingerichtet: Der eine fördert neue klimafreundliche Technologien in allen EU-Ländern, der andere unterstützt ärmere Länder bei der Umstellung ihrer Energieversorgung auf klimafreundliche Systeme. Die Einnahmen aus dem ab 2027 geplanten EU-ETS II fließen ebenfalls in einen EU-Fonds, der sowohl klimarelevante als auch soziale Projekte fördert.

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Ein strenges Emissionslimit macht Zertifikate wertvoll, die zum Ausstoß von CO₂ berechtigen. Wenn Unternehmen für das Recht, CO₂ auszustoßen, bezahlen müssen, entsteht ein Marktpreis. Dieser Preis motiviert die Unternehmen, in Umweltschutzmaßnahmen zu investieren, um ihre Emissionen zu reduzieren und damit Kosten zu sparen.

Die Einnahmen aus dem Emissionshandel schaffen finanzielle Spielräume, um die wirtschaftlichen und sozialen Aspekte der Transformation zur Klimaneutralität zu unterstützen. Darüber hinaus ergeben sich ökonomische Vorteile, da vor allem die Unternehmen ihre Emissionen reduzieren, die dies am kostengünstigsten tun können. Dadurch werden Ressourcen effizient eingesetzt und Kosten gespart.

In der Praxis wird der Emissionshandel häufig mit anderen politischen Instrumenten wie Regulierungen und Förderprogrammen kombiniert, um die besten Ergebnisse zu erzielen. Diese Kombination von Marktmechanismen und politischer Unterstützung trägt wirksam zur Verringerung der Treibhausgasemissionen bei und fördert den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft.

Der Emissionshandel wird aktuell in allen 27 EU-Mitgliedstaaten umgesetzt. Auch Norwegen, Island und Liechtenstein nehmen am System teil. Seit Anfang 2021 hat sich das Vereinigte Königreich, abgesehen von einigen Anlagen in Nordirland, zurückgezogen und führt ein eigenes Emissionshandelssystem.

Verpflichtet sind alle natürlichen und juristischen Personen, die als Energiesteuerschuldner definiert sind. Teilnehmende Sektoren sind stationäre Energie- und Industrieanlagen, der Flugverkehr und die Schifffahrt. Ab 2027 ist eine Erweiterung des Systems zum EU-ETS II geplant.

Als ein Teil des „Fit-for-55-Pakets“ wird auch der europäische Emissionshandel in den nächsten Jahren umfassend reformiert. Es überführt den nationalen Emissionshandel (nEHS) in den EU-Emissionshandel. Ab 2027 soll das EU-ETS II das bisherige System ergänzen und nicht mehr nur Energieunternehmen und die energieintensive Industrie einbeziehen. Neben dem Verkehrs- wird das auch für den Gebäudesektor mit Neuerungen verbunden sein. Vor allem wird die Europäische Union die Menge an erlaubten CO₂-Emissionen – den "Cap" im Cap-and-Trade-System – absenken. Die Zahl der im Umlauf befindlichen CO₂-Zertifikate wird schrittweise und kontinuierlich verringert. Der Preis für die Zertifikate wird sich am Markt bilden und ist nicht begrenzt. Expert:innen gehen davon aus, dass der CO₂-Preis in der Folge deutlich steigen könnte.

Es wird jedoch ein Instrument geschaffen, das den CO₂-Preis weiterhin steuern wird: die Marktstabilitätsreserve. „Wenn zu viele Zertifikate im Umlauf sind, werden welche aus dem Markt gezogen. Sind zu wenig im Umlauf, ist der Preis zu hoch und es können wieder Zertifikate in den Markt geworfen werden. Es bildet sich ein gesteuerter Preis über Marktmechanismen, aber nicht rein über das Angebot und die Nachfrage“, erklärte Manuel Höchemer, Experte für Capital Markets Financial Markets Sales Commodities bei der Commerzbank, in unserer Event-Reihe „LIST auf den Punkt.“

Gegenüber dem EU-ETS II wird der Emissionshandel zudem um neue Sektoren erweitert. Neben dem See-, Land- und Luftverkehr wird auch der Gebäudesektor involviert. Verfahren wird nach dem sogenannten Upstream-Ansatz: Nach dem Verursacherprinzip müssen die Inverkehrbringer von Emissionen für den CO₂-Ausstoß bezahlen.

Moderne Technologien spielen im Emissionshandel eine entscheidende Rolle für mehr Effizienz und Transparenz:

Carbon Capture and Storage (CCS): Als wirksame Maßnahme zum Schutz des Klimas soll ausgestoßenes CO₂ im Untergrund gespeichert werden bevor es in die Atmosphäre gelangen kann. Carbon Capture and Storage (CCS) gilt als entscheidende Übergangstechnologie zur Klimaneutralität. Die Speicherung der Emissionen kann sowohl im Untergrund an Land als auch auf dem Meeresboden erfolgen. Dafür kommen unter anderem ehemalige Erdöl- oder Erdgas-Lagerstätten infrage. Eine weitere Vision: Die Nutzung des eingelagerten CO₂ als industrieller Rohstoff und die damit verbundene Schließung des Kohlenstoff-Kreislaufes. In Europa wurden bereits mehrere Projekte gestartet, die sich mit der Speicherung von Kohlenstoffdioxid beschäftigen.

Innovationen bei Materialien: Zement gilt als einer der CO₂-intensivsten Baustoffe. Laut Deutscher Emissionshandelstelle werden bei der Herstellung einer Tonne Zement etwa 590 Kilogramm CO₂ ausgestoßen. Die Industrie arbeitet allerdings bereits seit vielen Jahren daran, das bei der Herstellung ausgestoßene Kohlenstoffdioxid zu reduzieren. Zum einen durch die Entwicklung verbesserter Technik und Anlagen, zum anderen durch Veränderungen am Prozess selbst. Als Alternative zur Nutzung fossiler Brennstoffe bei der Zement-Herstellung kommen bereits Ausgangsstoffe wie Müll, Klärschlamm oder Tiermehle zum Einsatz. Dazu wird daran gearbeitet, die Zusammensetzung des Zements zu verändern, um mineralische Bauabfälle und Edelmetalle aus Elektroschrott zu verwenden. Auch Carbon-Capture-Technologien werden in der Zementindustrie erprobt.

Verbesserte Überwachungs- und Messsysteme: Diese Systeme ermöglichen eine genauere Datenerfassung und Emissionsüberwachung, was zu einer Verbesserung der Emissionsberichterstattung führt. Genauere Daten tragen dazu bei, die Einhaltung der Emissionsobergrenzen zu gewährleisten und die Effizienz des Handels zu steigern.

Blockchain und digitale Technologien: Der Einsatz von Blockchain-Technologien erhöht die Transparenz und Sicherheit von Transaktionen im Emissionshandel. Diese Technologien ermöglichen sichere und nachvollziehbare Transaktionen und stärken damit das Vertrauen in den Markt.

Künstliche Intelligenz (KI): KI kann Emissionstrends analysieren und so eine bessere Planung von Reduktionen ermöglichen. Durch die Vorhersage von Trends können Unternehmen proaktiv Maßnahmen zur Emissionsminderung ergreifen und ihre Strategien entsprechend anpassen. Der Einsatz von KI selber erzeugt aber wiederum hohe Energiebedarfe, womit diese Entwicklung einen Zielkonflikt darstellen kann.

Erweiterte Energietechnologien: Der Ausbau erneuerbarer Energien und deren Produktion wird durch fortschrittliche Technologien vorangetrieben. Diese Technologien tragen dazu bei, den Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix zu erhöhen und damit CO2-Emissionen zu reduzieren.

Fortschritte in der Energiespeichertechnologie: Verbesserte Energiespeichertechnologien erleichtern die Integration erneuerbarer Energien in das Stromnetz. Durch die Nutzung gemeinsamer Energiespeicher kann überschüssige Energie effizient gespeichert und bei Bedarf wieder ins Netz eingespeist werden, was die Stabilität und Zuverlässigkeit des Stromnetzes erhöht.

Ihr Experte für Fragen zum Emissionshandel Sprechen Sie mich an.


Jürgen Utz
Leiter Nachhaltigkeitsentwicklung
+49 (5921) 8840-948
juergen.utz(at)list-ag.de

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